Noch ein Video aus dem letzten Jahr: Zum Nationalfest bin ich nach Shenzhen gefahren und konnte leider nur noch ein Ticket zum Sitzen bekommen, weil alle Betten schon ausverkauft waren.
Trotz der Hitze und Enge im Zug machen die Schaffner hin und wieder Werbung für mehr oder weniger sinnvolle Produkte - in diesem Fall für Waschlappen (das ideale Geschenk für wen auch immer Sie besuchen wollen...!).
Damit sie sich die nötige Aufmerksamkeit verschaffen können, haben sie natürlich ein auf "unmenschlich laut und sadistisch übersteuert" eingestelltes Mini-Megafon am Gürtel. Als wenn sie nicht auch ohne schon laut genug wären.
 
Es folgt ein Video, das ich Anfang des letzten Wintersemesters gemacht habe. Einige Wochen nach Unterrichtsbeginn dürfen sich die Erstsemester noch eine Woche lang an sinnvollen militärischen Übungen auf dem Campus erfreuen. Ja, Männer und Frauen. Immerhin das ist gerecht.
Nein, es ist überhaupt nicht laut und stört den Unterricht überhaupt nicht.
 
Nein, das hier hat eigentlich nichts mit China zu tun. Höchstens vielleicht, weil man alle Teile dafür fast geschenkt bekommt und es eigentlich sehr schade ist, dass man nur einen Laptop hat, der eine beleuchtete Tastatur gebrauchen könnte. Und weil sie im Zug um 22 Uhr das Licht ausschalten. Genau, da ist der China-Bezug ^.^

Das Problem

Kurz vor meiner Abreise nach China habe ich mir noch diesen gebrauchten Asus EeePC gekauft. Ich dachte, es wäre sehr praktisch, weil ich ja doch relativ viel Zeit im Zug verbringe und dort eigentlich in aller Ruhe Emails schreiben und beantworten oder Blog-Einträge vorbereiten könnte, was ich sonst ja ganz gerne vernachlässige.

Alles schön und gut, aber leider schalten sie im Zug um 22 Uhr das Licht aus (21:30, wenn man einen sehr aktiven Schaffner erwischt hat), mit dem Erfolg, dass die Tastatur des EeePC kaum noch zu erkennen ist. Und nein, die weiße Farbe hilft nicht, wie einige besonders schlaue Leute im Internet so gern behaupten. Dunkel ist dunkel.

Es musste also ein Plan her, um dem EeePC eine IBM-Think-Pad-artige Tastaturbeleuchtung zu verpassen. Vorher habe ich im Internet gesucht, ob schon jemand irgendwelche intelligenten Lösungen zu dem Problem entwickelt hatte. 99% der Leute sind anscheinend der Meinung, dass eine weiße Tastatur hilft, der restliche Prozent möchte für weniger als 14 Dollar eine Display-Hintergrundbeleuchtung unter die Tastatur und einen Batteriehalter (?!) auf die Rückseite des Bildschirms kleben (?!?!).
Na, schönen Dank.

Die Lösung

Als Hobby-Elektronik-Bastler versucht man ja normalerweise, SMD-Bauteile mangels Reflow-Ofen und Mikro-Lötnadel zu vermeiden. In diesem Fall gelang es mir aber, im Internet SMD-LEDs zu finden, die seitlich abstrahlen und eine Höhe von nur 0,6mm haben, perfekt also für meine Zwecke. Die restlichen Bauelemente und Werkzeuge (hauptsächlich Lötpaste, Bastelmesser, Schrumpfschläuche, Löthilfe mit Lupe, Heißklebepistole und SMD-Schalter) waren schnell gefunden und bestellt und außerdem ebenfalls ziemlich billig. Insgesamt kostete das ganze Projekt umgerechnet 14 Euro inklusive Versand.

Es folgen nun ein paar Bilder und Kommentare zur Ausführung:
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Zuerst müssen die Schalter ausgemessen werden, weil sie natürlich ohne irgendeine Anleitung oder Datenblatt kommen.
Danach habe ich mich für einen 3-stufigen Schiebeschalter entschieden. Es wäre doch praktisch, wenn man zwei Helligkeits-Stufen hätte und jeweils den Lichtverhältnissen anpassen könnte.
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Dann ging es ans Zerlegen des Netbooks. Die Schrauben sind durch Gummipuffer verdeckt.
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Es gibt manche Dinge, die sollte man besser nicht von innen sehen. *seufz* -.-
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Sinn der Sache war es, +5V und Masse für meine LEDs zu finden. Ich habe mich für den linken USB-Anschluss entschieden. Er hat den Vorteil, dass er eingeschaltet ist, auch wenn das Netbook ausgeschaltet am Netzteil hängt.
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An diesem Punkt habe ich mich wegen der Webcam in der Mitte für zwei LEDs jeweils über den beiden WLAN-Antennen entschieden.
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Los gehts: Zuerst brauche ich eine rechteckigen Durchbruch für den Schalter.
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Die Bastelmesser haben eine ziemlich gute Qualität, so dass der Durchbruch nur eine Sache von Minuten war.
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Dann musste das Ganze etwas versäubert werden.
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Der Durchbruch nach dem Versäubern. Sauberer ging es nicht, er ist wirklich winzig -.-
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Das rote Kabel geht an +5V, das gelbe Kabel an Masse des USB-Anschlusses.
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Immer schön mit säurehaltigem Lötfett arbeiten, das Mainboard wird es mir danken o.O Ich hatte nichts anderes.
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Hier eine der LEDs. Ich war wegen der "Größe" schon ein bisschen geschockt >.<
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Eine halbe Stunde später: Jetzt habe ich zwei bedrahtete SMD-LEDs. Die Drähte sind einzelne Adern des Kabels, mit dem ich die Stromversorgung verbunden habe.
An der Thinkpad-Beleuchtung hat mich immer genervt, dass sie zu weit vor dem Bildschirm angebracht ist. Dadurch beleuchtet sie auch das Display - oder eher den Staub auf selbigem - und man kann bei geringer Helligkeit des Displays nichts mehr erkennen, weil der Staub heller ist als der Bildschirm. Ich habe versucht, das Problem zu umgehen:
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Die LEDs habe ich etwas ins Gehäuse eingelassen, damit sie nur die Tastatur beleuchten.
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Mit einer heißen Nadel habe ich die Löcher für die Drähte in das Gehäuse gebohrt.
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Die fertigen Löcher.
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Jetzt mit Zweikomponenten-Kleber die LEDs aufkleben und kurz trocknen lassen.
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Auf der Display-Abdeckung wirken sie noch winziger als vorher. Links...
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...und rechts. Man beachte die dünnen Anschlussdrähte. Die Lupe war wirklich unbezahlbar für dieses Projekt.
Natürlich hatte ich vergessen, die passenden Vorwiderstände für die LEDs zu bestellen, also musste ich sie improvisieren. Der Schalter hat 3 Schaltstellungen. Ich möchte damit Aus-Dunkel-Hell realisieren. Aus (ganz unten) bleibt unbeschaltet, "dunkel" bekommt 1 kOhm und "hell" 2x330 Ohm parallel = 165 Ohm. Theoretisch wären für die volle Helligkeit 60 Ohm an 5V möglich, aber ich will ja nicht den ganzen Schlafwagen beleuchten.
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Die improvisierten Vorwiderstände werden an den Schalter gelötet...
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Dann werden die dünnen Drähte und Anschlusskabel mit Heißkleber fixiert. Wenigstens können die Drähte jetzt nicht mehr brechen und man kann entspannter arbeiten.
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Schrumpfschlauch über die Lötstellen über der WLAN-Antenne...
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...Kabel in einigermaßen geordneten Bahnen verlegen...
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...und das Ganze mit Heißkleber fixieren. Dieser Schalter bewegt sich nie wieder.
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So eine Heißklebepistole ist was Tolles =D
Zum Schluss muss das alles wieder zusammengesetzt werden. Die Qualität ist nicht überragend, aber immerhin passt alles wieder ohne großartiges Biegen zusammen (im Gegensatz zu gewissen Compaq-Laptops o.O).
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Die Wohnung und besonders der Tisch zeigen zwar deutliche Spuren von Verwüstung und Chaos, aber am Netbook selbst ist nicht viel zu sehen.

Das Ergebnis

Es war zwar technisch keine besondere Leistung (eigentlich sind es ja nur 2 LEDs, ein Schalter und ein paar Vorwiderstände), aber die ganze Aktion hat trotzdem 4 Stunden gedauert. Die "Größe" der LEDs und das Verlöten der winzigen Drähte, ohne einen davon abzubrechen und wieder von vorn beginnen zu müssen, waren eigentlich das Zeitraubendste dabei.

Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen: Eine beleuchtete Tastatur mit 2 Helligkeitsstufen.
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"Dunkel"...
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...und Hell =)


Fazit

Es ist zwar insgesamt mehr Arbeit, als einen Batteriehalter auf die Rückseite des Displaydeckels zu kleben, ist aber dafür fast nicht zu sehen und beleuchtet die Tastatur ziemlich gut. Die Streuung hält sich auch in Grenzen (nicht mehr als beim ThinkLight) und man kann mit wenig oder ohne Umgebungslicht komfortabel schreiben (so komfortabel, wie es die wirklich furchtbare Tastatur eben erlaubt).
Ich denke, insgesamt war es die Mühe wert.

Nachtrag aus der Praxis

Nach einigen Zugfahrten kann ich berichten: Insgesamt bin ich mit der Beleuchtung zufrieden. Die Veränderungen am Laptop sind auf den ersten Blick kaum zu sehen und die manuelle Schaltung mit zwei Helligkeits-Stufen ist eigentlich ganz komfortabel. Es gibt aber noch zwei Probleme:

  1. Die "dunkle" Stufe ist immer noch zu hell. In China ist das zwar relativ egal, weil man im Zug auch um 2 Uhr nachts seinen Film ohne Kopfhörer gucken kann ohne dass das jemand komisch findet, aber ich möchte ja eigentlich nur meine Tastatur sehen und sonst niemanden stören. Bisher war ich aber zu faul, das Ganze nochmal zu öffnen.
  2. Die Gehäuse der LEDs sind aus weißem Plastik und daher zu lichtdurchlässig. Sie blenden zwar nicht (wie man auf dem Foto denken könnte), irritieren aber doch ein bisschen. Bei voller Display-Helligkeit ist das zwar egal, aber bei geringer Helligkeit ist es hell genug, um mich zu stören. Vermutlich erledigt sich das Problem aber von selbst, wenn ich die Vorwiderstände noch einmal anpasse.
 
Das versprochene Video vom LED-Bildschirm in Ruijin. "Wohnen Sie doch in Ruijin, es ist leise (haha), sauber (hahaha), warm (hahahaha) und außerdem noch günstig (stimmt). Wenn das mal kein Angebot ist.
Spontan erinnerte mich das ganze irgendwie an Dr. Breen aus City 17 in Half Life 2, der ebenfalls seeehr glaubwürdige Ansprachen hält und ähnlich omnipräsent ist:
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"Welcome. Welcome to City 17."
Bild: Michel McBride-Charpentiers Blog: "Acoustic Ecologies: Half-Life 2’s City 17", 9. Mai 2011.
Link: http://www.bigapple3am.com/barreldistortion/img/viewport/city17.jpg
 
Hier kommt das versprochene verwackelte Video von der Fahrt durch Ruijin mit dem dreirädrigen.. äh.. Dings. Es sieht leider viel unspektakulärer aus als es live war. Naja.
 
Mama Chin verkauft im Supermarkt ihre Kollektion von Frühstückswürsten - eine Kombination aus Natrium, Fett und Horror auf der Verpackung.